Zuchthausballade

Ich sehe noch immer im Ringe mich gehen,
Im Ringe, im engen Geviert,
Und sehe noch immer den Wärter stehen
Mit dem Herzen verdorrt und vertiert
Und höre die Schritte, das Klipp und das Klapp
Um das Beet, mit Blumen verziert.

Es summet die Stadt in unseren Schacht,
Es flüstert im Kreise so leis,
Vom Kirchturm tönt schleppend ein dröhnendes Acht,
Wie brennt die Sehnsucht so heiß.
Wie brennt die Sehnsucht mit zuckender Glut,
Wie lange, wie lange, wer weiß.

Wer weiß, wie ewig der Rundgang uns quält
Und das Gitter im Steine so grau.
Wie lange das Herze die Tage zählt
In der Zelle im schrecklichen Bau.
Nie gab es ein Leben, nie Liebe und Glück
Und nie eine sonnige Au.

So geht es im Kreise, im Karussell,
Und jeglicher Schritt ist Verzicht.
Dem Freien fliehen die Stunden so schnell,
Dem armen Häftling nicht.
Er trägt der Menschen Verdammnis und Schuld
Bis vor das jüngste Gericht.

Er trägt der Menschen Verdammnis und Schuld
Wie einer, der neben mir ging
Und der sie trug in letzter Geduld,
Nur selten zu sprechen anfing.
Und manchmal nur sagte warum er hier
Und so im Netze hing.

Zehn Jahre schon litt er und hörte nie Musik und gütiges Wort,
Und wie auch am Anfang sein Herze schrie
Zu wehren dem seelischen Mord ‑
Er sah einen Baum am Fenster blüh’n
Und fallen die Flocken dort.

Zehnmal sah er verwandelt den Baum,
Allein, in grausiger Nacht.
Zehnmal sah er ihn im Blütentraum,
Zehnmal von Schnee überdacht.
Und hatte doch nichts getan als nurFür die dunkle Menschheit gewacht.

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