4 1/2 Uhr nachts im Bett. Wachen! Wachen! Sinnlos. Viel Pulver, zuviel. Grauenhaft! Wachen, wachen, denken, traurig sein. Verlorene Seele, zerstört kaputt, Die Dummheit der Menschen, ihre Primitivität, Brutalität, der schauerliche Schwachsinn ist Schuld. An allem. Noch lebt der Dichter in mir Die Finstemis ist der Genesungsschlaf des kommenden Tages!
Sehe düstre Zukunftsgesichter und danach helle Gesichter des Menschheitsmorgens! Wehe dem Mensch, der als Dichter über diese Welt gehen muss. Empfindsamkeit ist die vornehmste Kraft in normalen Verhältnissen der Menschen untereinander. Aber wehe, wenn dämonische Kämpfe die Menschheit zerreissen. dann ist das empfindsame Herz eine unausstehbare Belastung für das Individuum. Das Geheimnis der Liebe ist vielleicht nicht zuletzt ein nathematisches Gesetz, dem auch die Bahnen der Planeten folgen müssen. Zusammenstöße sind da und dort nur falsche Berechnungen der Natur.
7. 10. 36
Lag 10 Monate zu Bett. Las viel. Malte nur ein Bild – Schiffe. Zeichnete 4-6 Bilder. Arno fiel im Sommer in den Brunnen. War grauenhat.Habe geschrien. Furchtbar. Habe seither immer noch nachts Angstneurosen. Mit mir selbst unzufrieden. Zu pessimistisch in allem wenn auch viel um mich herum dämonisch dunkel ist! Sehe düstre Zukunftsgesichter und danach helle Gesichter des Menschheitsmorgens!
Im Gerichtsgefängnis München-Neudeck
Heule ununterbrochen. Kann keine Stimmen mehr vertragen, nichts! Oft sehe ich große , schwarze Ratten, höre fremde Stimmen, höre es flüstern vor der dicken Eichentüre. Grauenhaft. Weißt Du, mein herrliches Kind, tapferer Bub, Papa ist nicht schuldig, ach, das weißt Du ja schon. Gell? Ja, ob ich von diesem Wege wiederkehre? Irgendwie zuckt Licht ahnungsvoll im mich, durch mich – in mir. Was solls ? Ich glaube! William!
2. Mai 45
Lindau besetzt. Vorher Alarm. Zermürbende Tage. Bombardement auf Bregenz. Schwer! Weiße Fahne auf dem Kirchturm. Tränen im Auge. Dachau! Lehr, Wonka. Willy? Ungeheure Tage.
25. Oktober 46
Lange Tagebuchpause! So vergeht die Zeit!! Erfolge. Am 18. Juni lasen Maxl Benard und Z.Brenner am Radio Dornbirn meine Verse. Die Spannung war sehr groß. Leider Versagte der Radio. Technische Störung. Wäre schön gewesen. Ein ganz großer Erfolg geworden… machte große Propaganda in den Zeitungen… Mein Name als Dichter ist nun mit einem Schlage bekannt. Besuchte Johannes R.Becher . War ein ganz großes Erlebnis.
Dichterlesung am 6. 0ktober im städtischen Konzertsaal. Kritik: „Becher ist fraglos der`Erste“ . Ganz groß! Acht Gedichte wurden gelesen.