An Anni

Die Tage will ich mit dir durchleben,
Die wachen Tage!
Die Nächte mit dir verschlummern,
Die schmerzlosen Nächte!
Die Sonne ist groß und glühend,
Doch die Sterne sind erhabener.
Ich liebe die Sterne mehr und den Schlummer,
Doch nur mit Dir – im süßen Scheintod!
Der Morgen lacht dann auf
Wie ein Mädchen hell
Und verführt zur Lust und Pein des Tages!
Wir werden viele Schmerzen leiden in seinem Licht
Aber die Abende kommen wie ewige Grüße
Aus dem Tal des Nirwana,
Ruhig wandelt der Mond,
Und leise hebt sich der Vorhang
Wie von Geistern berührt.
Dann, o Nacht, sei willkommen!
Betrachte mein Auge nicht, Mädchen,
Sähst es glänzen feucht
Und wüsstest kaum, was ich fühle:
Dich und mich und den Tag, der verging
Und der Dichter Prophetengesang –
Stumm in seligem Lächeln.

Zweite Version: Auch Ode
23.6.1931

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