Opium

Der Geist schlürft träg, das Blut fließt wie Narkose
Und uferlos verströmt das Meer der Schwäche,
Die Schwermut hockt mit dir bei düstrer Zeche.
Die Seele blüht wie eine Herbstzeitlose! –

O weiter Sumpf, in dem die Weiden ragen
Wie Phosphorarme, sehnende Gestalten.
Der weiße Mond bleicht müd in Wolkenfalten,
Und fernen Atem alle Winde tragen.

In schwülem Dunst verweht die Welt wie Schlummer
Und in der Brust erschauert das Vergehen. ‑
Das Auge muss das Herz des Bruders sehen
Und sich erlösen von des Abschieds Kummer. –

Der Blick ist tief und trauervoll verschwistert,
Doch ruft der Geist nach Rettung aus dem Ginster.
Der Mensch will Tag! Zu sternenwund und finster
Fließt dieses Gift, aus dem der Irrsinn knistert! –

5.9.1929

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